„Stranger Sins“ ist eine Serie von RTL+, in der ein Sexcoachin Paare dabei unterstützt, ihre bisher ungelebten Fantasien zu erfüllen. Das Ambiente mitten in den Tropen ist ein wahrer Hit: Eine mexikanische Hacienda mit Pool und schicken Zimmern lädt zu sinnlichen Aktionen ein. Themen wie Tantra und BDSM werden eingeflochten und erlebbar ins Wohnzimmer gebracht.

Viele Menschen schalten bestimmt aufgrund der prickelnden Erotik und der sexuellen Wünsche der Paare ein. Hier geht es zum Beispiel um einen Dreier mit Mann oder Frau, zwei Lesben, die eine Tantra-Yoni-Massage ausprobieren, ein Mann, der seine Freundin gerne beim Gang Bang beobachten möchte und Ähnliches zumindest bis zur Folge 5.

Auch wenn die Berliner Hauptstädter dabei müde auf dem Sofa gähnen, da doch alles auch ohne Flug und Hacienda in einschlägigen Clubs und der sexpositiven Seminarszene erfahrbar ist, sind die dargestellten Fragen mit Sicherheit für viele Paare, die sich jenseits der genannten Szene bewegen, ein Thema. In dem Sinne ist die Sendung wertvoll, wenn sie Paare dabei unterstützt, miteinander zu sprechen oder sich über Fantasien auseinanderzusetzen.

Erwartungsgemäß spielt RTL mit gängigen Klischees, so zum Beispiel bei „Tantric Eric“, der vor vielen leuchtenden Kerzen im Schneidersitz als Tantra-Coach vorgestellt wird. Er erklärt ansatzweise die Tantra-Yoni-Massage, und als Zuschauer lernt man, dass die Klitoris nicht nur außen liegt, sondern als Organ mit ihren Schenkeln nach innen angelegt ist. Aha. Die beiden Frauen mit den sehr großen Brüsten – wie übrigens fast alle anderen Frauen in der Sendung – lauschen mit staunender Bewunderung „Tantric Erics“ Worten. Ich staune derweil über die Szene, in der sie aufgefordert werden, sich zur Vorbereitung zumindest einen der langen Fingernägel abzuschneiden, was beinahe zum Problem wird. Mit der Vorgabe gibt „Tantric Eric“ in der Sendung somit einen wissenswerten Hinweis: Lange Fingernägel bringen keine Lust in die sensiblen Schleimhäute. Danach räkelt sich das Paar in heißen Dessous unter der Decke, und der Zuschauer wird mitgenommen in erotische Gefilde.

Die weibliche Sexcoach weist schlau ein Paar darauf hin, dass bei vorherigen Konflikten und Instabilität der Beziehung die Erfüllung einer Dreierfantasie nicht förderlich ist. Weiter sind die beiden in ihrer Thematik an dem Ort mit Hilfe des Coachs leider nicht gekommen. Schade eigentlich. Sie müssen abfahren. Immerhin mit einem Jeep. Das Niveau ist äußerst bescheiden. Die Dialoge manchmal zum Himmelschreiend und für mich mit Humor erträglich. Heraus sticht Dominik, die Berliner Besitzerin des Clubs „Insomnia“, die in der Serie Paare begleitet, die mit BDSM experimentieren wollen. Man lernt, was ein Flogger ist, und ihre Hinweise und Bedenken für Paare, die mit anderen Personen Sex haben möchten, sind wichtig.

Ich erinnere mich dunkel an TV-Anfragen und ob ich Filmaufnahmen bei meiner Arbeit mit Paaren zulasse? Bei RTL ist meine Antwort generell „Nein“. Meine Erfahrungen mit dem ZDF im Jahr 2022 waren allerdings auch nicht besser. Ein Team des ZDF wollte nach langen Vorgesprächen unsere Paargruppe in Portugal begleiten. Vor Ort war ich entsetzt über das verkaufsorientierte, oberflächliche und unsensible Verhalten, was teils auch nicht im Konsens zu den Absprachen war. Immerhin haben sie danach sehr gekürzt einen Beitrag veröffentlicht. Einen Ausschnitt der Sendung findest du hier:https://www.ilka-stoedtner.de/mediathek/videos/

„Sex sells“ und zieht die Aufmerksamkeit. Durch den Mix der Pool-Bilder, der im Halbschatten schwingenden Hüften junger Menschen, sekundenlangen Sexszenen, die verschwommen in allen Formen auftauchen, rieche ich förmlich die Tropenluft samt Feuchtigkeit. Ich bin leicht erotisiert und muss mich jetzt mit etwas anderem beschäftigen als in den Computer zu tippen …