Meist versuchen Menschen ein Leben lang, Schmerz zu vermeiden. Ein aussichtsloses, vergebliches Unterfangen. Es gelingt nicht, da er zum Leben dazugehört. Wie ist es, wenn Schmerz zum Freund wird oder ein Tor, durch welches du hindurch gehen kannst? 

Das Tantra umschließt alle Gefühle. Es grenzt kein Erleben aus. Im BDSM wird das Spiel mit dem Schmerz zum lustvollen Erleben.

BDSM hat nichts mit dem Bund deutscher Mädchen zu tun, sondern bezeichnet eine Richtung der sexuellen Spielart, die sich mit Dominanz, Submission (Unterwerfung), Bondage (Fesseln) und S/M Praktiken leidenschaftlich beschäftigt.

Intensive Körpererfahrung und Präsenz

Die intensive Körpererfahrung ist für viele Menschen ein anziehendes Element und automatisch mit lustvollen Gefühlen verbunden. Für die einen beginnt dies beim Spaziergang durch den Wald, für andere steigert es sich bei Wildwasserkanufahrten oder beim Bungee Jumping.

Sowohl das Tantra als auch das BDSM bieten hier beeindruckende Erfahrungsmöglichkeiten.

Im BDSM geht es weniger um das „Knie nieder und zähl mit“, sondern um das Spiel mit Schmerz und der Energie. Nicht das Aushalten von Schmerz zählt, sondern es geht darum, mit dem zu sein, was gerade ist. Und bei allem, was geschieht, präsent zu bleiben.

Diese innere Haltung trifft sich mit der emotionalen Erfahrung im Tantra. Zum Beispiel kann in einer Massage der Körper mit Händedruck und verschiedenen Techniken sanft bis kräftig durchgewalkt, geknetet oder liebevoll gestrichen werden. Ebenso lässt sich das Gewebe mit einem Flogger (Schlagwerkzeug mit mehreren weichen Lederriemen), Peitschen oder via Spanking (übers Knie legen) aufwecken und sensibilisieren.

Das Entscheidende ist immer, inwiefern die Bewusstheit der Akteure dabei oder eben untergegangen ist.

Hingabe und Energieaustausch

Tantra und BDSM treffen sich im Herzstück der Hingabe. Voraussetzung hierfür ist Konsens und das gegenseitige Wohlwollen aller Beteiligten. Das Einverständnis braucht es für Spiele wie eine Entführung und dem „Du gehörst mir, und ich kann mit dir machen, was ich will“. Diese Hingabe wird zum besonderen Vergnügen und ist das geteilte Geschenk. Energie, die ins Spiel hinein geht, kann behalten oder entladen werden.

Wenn man sieht, mit wie viel Liebe und Aufmerksamkeit eine BDSM-Session gestaltet wird, mit wie viel Aftercare, mit wie viel Weinen und Lachen ein solches Szenario erlösend sein Ende findet, so erinnert es an die Achtsamkeit in tantrisch rituellen Begegnungen und dem ebenso oft großen Aufwand für die tantrischen Rituale.

Das Tabu

Ein Schnittpunkt von BDSM und dem Tantra ist der Tabubruch. Das Ausprobieren jenseits des Normalen. Laut hinduistischen Wurzeln waren die damaligen Tantriker ursprünglich die Rebellen, welche die üblichen gesellschaftlichen Normen hinter sich ließen, indem sie beispielsweise in Ritualen den verschmähten Alkohol tranken und Frauen verehrten, anstatt sie als Menschen zweiter Klasse zu betrachten.

Was ist aber heutzutage noch ein Tabu? In meinen Seminaren erlebe ich oft, dass es für viele Männer ein Tabu ist, Berührung von Männern zuzulassen. Im tantrischen Umfeld kann Mann dies auf Dauer langfristig nicht vermeiden und wird dann womöglich festzustellen, dass eine „liebevolle Hand einfach eine liebevolle Hand ist“ – egal, wem sie gehört. Nach einiger Zeit wird aus dem typischen kumpelhaften „auf die Schulter klopfen“ eine herzliche Umarmung, was insbesondere oft auch die anwesenden Frauen begeistert. Männer lernen, sich beim eigenen Geschlecht zu Hause zu fühlen und von dort aus auf Frauen zu zugehen.

Vorurteile

Eine Gemeinsamkeit ist sicher, dass viele Menschen gegenüber dem Tantra und dem BDSM allerlei skurrile Vorstellungen haben und hier durch Nicht-Wissen wie der Ochs vorm Berg stehen. Diese Fantasien werden durch Krimis oder auch Bücher wie „Shades of Grey“ bestärkt und führen oft zu einer vorurteilsbelasteten Ablehnung.

Sind Tantriker schnell als Esoteriker verschrien und haben Teilnehmende Bedenken vor „ständig nackt herumspringenden Menschen“ im Raum, so haben es BDSMler mit anderen Klischees zu tun, zum Beispiel damit, als “Gewaltverherrlichende “, als „unselbstständiger Subs“ oder als traumatisierte Mitbürger mit schrecklicher Kindheit bezeichnet zu werden.

Nacktheit

Interessenten und Interessentinnen an meiner Arbeit fragen am Telefon oft, ob man im Seminar nackt sein muss.

Ich muss dabei gelegentlich lächeln. Es lässt sich nur schwer vorstellen, wie nackt man beim Tantra wirklich wird, – sogar ohne sich dabei auszuziehen. Und es lässt sich nicht in Worten beschreiben, denn es ist immer eine unglaublich bewegende, wunderschöne Erfahrung.

Wenn die Maskerade erst mal dahingeschmolzen ist, ist körperliche Nacktheit kein Thema mehr. An der Stelle ist es im Grunde belanglos, ob man Kleider anhat oder eben nicht.

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