Mir ist extreme Demütigung bis zu öffentlicher Beschämung meines sexuellen Seins sehr bekannt. Sehr früh mit Abwertungen bis hin zu Bestrafungen der natürlich sexuellen Entwicklung konfrontiert zu werden, ist für jeden Menschen – egal welchen Geschlechts – traumatisch.
Mit 25 Jahren bekam ich das erste Mal eine Tantramassage geschenkt. Ich erinnere mich, dass das Lächeln auf meinen Lippen nicht enden wollte. Der Körper vibrierte durch die Berührungen und es wollte gar nicht mehr aufhören zu jubilieren in mir. Trotz meinem auch in diesem Alter recht reichhaltigen sexuellen Lebens war mein Körpergefühl auf der Strecke geblieben. Irgendwie war niemand zu Hause. Schade eigentlich.
Ich erinnere mich an die eindrucksvolle Stelle, an der sich Shiva im Ritual vor mich hinkniete und die lustvolle Göttin Shakti – also mich – zutiefst verehrte. Die Tränen liefen, ich heulte wie ein Schlosshund und es war gut so. Tief empfundene Verehrung und achtsame Berührungen können heilen, insbesondere wenn es sich bei den unsichtbaren Wunden um Grenzüberschreitungen gehandelt hat.
Die Tantramassagen waren mein Einstieg in eine nagelneue Welt.
Die Körperarbeit samt Bioenergetik und vielfältigen körpertherapeutischen Methoden kratzten an alten Schichten und rüttelten kräftig an der angelegten Ritterrüstung, um das Lebendige und meine Gefühlswelt wieder freizulegen.
Es folgte ein langjähriger Prozess auf dem Wege des Tantra und gleichzeitig auf therapeutischen Pfaden, um wieder frei wie ein Phönix in die Höhe zu fliegen. Aufgrund der positiven Auswirkungen beider Richtungen entstand meine derzeitige Arbeit, die das Tantra mit körpertherapeutischen Methoden verbindet.
Tantra als heilender Balsam
Traumatische Erfahrungen sind leider allzu häufig und weit verbreitet.
Die meisten Menschen denken dabei an Gewalt, sexualisierte Gewalt und schwerwiegende Katastrophen, die Kindern angetan werden. Die kleinen anhaltenden Verletzungen finden oft wenig Beachtung. Sogenannte Schocktraumata sind etwas seltener zu finden als die Entwicklungstraumata, die beinah wie „unter dem Radar“ laufen und oft nicht als solche realisiert werden.
Für Traumata ist kennzeichnend, dass sie Auswirkungen auf den gesamten Körper haben. Das Tantra arbeitet direkt auf der körperlichen Ebene in Kombination mit dem mentalen und emotionalen Aspekt. Ein wichtiger Punkt im Tantra ist die Verehrung des Lebendigen und des körperlich–sexuellen Seins.
So kann das Tantra sich wie Balsam auf Wunden legen, wenn der Gebende tiefe Verehrung fühlen und ausdrücken kann.
Wer Missbrauch erlebt hat, der wurde meist auch mit einer Mischung von Lust, Erregung, Schuld- und Schamgefühlen konfrontiert.
Als Kind ist dieser Gefühlscocktail schwer verdaulich. Die Gefühle werden abgespalten und können sich gegen den eigenen Körper richten.
Entwicklungstraumata – Wie geht Tantra mit Verletzungen von Körper und Seele um?
Das Tantra achtet jedoch alle Gefühle. Alles darf sein.
Insbesondere öffnet es das Fenster der Wahrnehmung, um Körperempfindungen bewusst zu beobachten und um zu sehen, wie sie sich mit Gedanken und Interpretationen zu Emotionen entwickeln – als energetisches Phänomen, als ein Ausdruck des Lebendigen. Es erforscht den Seins-Zustand.
Die tantrischen Götter und Göttinnen haben in den Darstellungen häufig sowohl eine mitfühlende als auch kämpferische Seite.
In der tantrischen Arbeit werden beide Anteile angesprochen. Es braucht den wilden Willen, um sich der eigenen Wut, dem Zorn, dem Sadismus, der Selbstsabotage zu stellen und in hauseigene Kraft zu transformieren.
Ein Prozess, der dies im sicheren Rahmen durchleben lässt, öffnet damit wie von selbst die Tür zu Vergebung (sich selbst gegenüber) und dem Mitgefühl.
Tantrische Methoden können uns deshalb dabei helfen, die Selbstannahme und Wertschätzung, die Selbstliebe aus dem Schattendasein hervorzuholen.
Es verringert spürbar die Angst durch die Möglichkeit, Gefühle zu erleben, zu differenzieren und gleichzeitig mit der Selbstsicherheit im Körper zu sein.
Im traumatischen Erleben ist uns nicht bewusst dass unsere Reaktion auf vergangenen Informationen beruht und sich nicht auf die heutige Situation bezieht. Das Tantra fordert uns immer wieder heraus den aktuellen Moment wahrzunehmen und sehr präzise zu differenzieren zwischen Gefühlen, Körperempfindungen und Gedanken. Das hilft mit, dich in der Gegenwart lustvoll zu verankern.
Tantrisches Reset
Tantrisch-achtsame Übungen und tantrische Rituale im sicheren Rahmen erschaffen neue Erfahrungen und damit neue Nervenbahnen und Verbindungen im Gehirn. Gefrorene Gefühle können schmelzen, so dass sich dein gesamtes System wieder entspannen kann. Das zeremonielle Feiern von Weiblichkeit, Männlichkeit und dem sexuellem Wesen in den Ritualen, wirkt entgegen der Schuld- und Schamgefühle.
In diesem Sinne kann Tantra uns dahin führen dass das Trauma eine Erinnerung bleibt. Es mag keine schöne Erinnerung sein. Vielleicht eine traurige,- aber es bleiben Bilder der Vergangenheit. Die Gefühle überschwemmen dich nicht haltlos. Du bleibst stabil und aufrecht wie eine junge/r Göttin /Gott stehen!
Sie infiltrieren nicht mehr das Jetzt, den kostbaren Moment, sondern sie wehen nur noch als Hauch vom alten Leben herüber. Und bestenfalls lässt sich mit einem tantrischen Schmunzeln sagen, ach ja,- und das gab’s auch noch in meinem Leben!
Empfehlung:
Die besten (Tantra-)Massagen gibt es hier.