Wechseljahre müssen keine Klimakatastrophe sein! Viel zu oft wird nur von Beschwerden berichtet, die diese Zeit der Hormonumstellung mit sich bringen kann. Mir ist es wichtig, jungen Frauen die Angst vor der reifen Lebensphase zu nehmen, denn: Es darf immer auch lustvoll sein!
Lange dachte ich, dass die Wechseljahre an mir vorbeigehen. „Vielleicht bin ich so gestrickt wie viele Asiatinnen, die laut Studien angeblich kaum Beschwerden durch die Hormonumstellung haben“, dachte ich. Bis Anfang 50 bemerkte ich nämlich nichts, außer dass sich langsam die Regel einstellte und ich auf einer Packung Tampons sitzen blieb. Doch das sollte sich ändern:
Im letzten Jahr, im heißen Berliner Sommer, saß ich zum Kaffee bei meiner Tante. Auf meine Anmerkung, dass es in diesem Jahr besonders heiß sei, lachte sie und entgegnete, ich sei in den Wechseljahren. Ich stutzte, hatte ich meine Schweißausbrüche bislang doch den wochenlangen 30 Grad-Temperaturen oder mindestens der Klimakatastrophe zugeordnet.
Von da an begann ich, meinen persönlichen Sommer genauer zu beobachten. Und was ich entdeckte, war keine klimatische Katastrophe, sondern das Gegenteil.
Als bekannte „Frostbeule“ und immer schon Ende September mit Handschuhen unterwegs, von kalten Füßen ganz zu schweigen, war mir nun zum ersten Mal in meinem Leben wunderbar warm. Und nicht nur das! Die Wärme schoss plötzlich von unten nach oben über den Hals in den Kopf. Keine Ahnung, ob ich dabei errötete, es war mir auch egal. Es war eh nicht zu bremsen, und ich war gebannt vor Staunen, wozu mein Köper in der Lage ist:
Von wegen Klimakrise! Die Hitzewellen der Wechseljahre genussvoll reiten
Diese unglaubliche innere Hitze, die sich wie eine Welle orgiastisch durch den Körper bewegt, faszinierte mich. Mit freudiger Hingabe fließt es von ganz allein und entlädt sich nicht wie gewöhnlich über die Yoni (Vagina) nach unten, sondern gleich nach oben. – Wie großartig! Was für ein Geschenk der Natur an weibliche Wesen.
Von nun an sah ich mit Begeisterung diesem „Orgasmus ohne Hände“ entgegen. Schweißtropfen liefen und das Bett war auch nachts klitschnass – so wie nach hervorragendem Sex. Ich hatte ja keine Ahnung gehabt, dass dieses Phänomen der Wechseljahre so ekstatisch ist. Niemand hatte mir das gesagt! Ich war schier begeistert. Und für diese orgiastischen Höhenflüge braucht frau weder etwas tun noch einen Partner.
Ärgerlich war ich ausschließlich darüber, dass mir niemand zuvor berichtet hatte, wie besonders diese Hitzeschübe in den Wechseljahren tatsächlich sind. Vorausgesetzt, man hat keine Abwehr gegenüber Körperflüssigkeiten und auch keinen Waschzwang, der einen dazu bringt, kontinuierlich das Laken zu wechseln, so sind diese Anzeichen des Klimawandels eine prima Sache. Selbst beim Sex kann frau schweißtriefend klitschnass und mit Humor oben sitzend sagen: „Das ist alles nur wegen Dir, Schatz!“.
Im Frauenseminar gipfelte mein Bericht über die Hitzewallungen darin, dass meine Kollegin auf meine Bitte hin das Fenster öffnete mit den Worten „Achtung, Ilka hat gerade einen Orgasmus!“.
Natürlich ist es auch mit meinen Hitzewallungen wie mit allen neuen Erfahrungen: Hat man sie ein paarmal erlebt, lässt der Hype etwas nach. So sind auch meine Wechseljahrsorgasmen für mich nicht mehr so spektakulär wie zu Beginn. Sie sind zu einem gewohnten heißen Rausch geworden, den ich sicher vermissen werde, wenn er nicht mehr da ist.
Manchmal frage ich mich ernsthaft, ob das wohl beim Sterben genauso abläuft? Sind die Hitzewallungen ein Vorspiel für den letzten Vorhang auf der Bühne des Lebens? Kann man in der Stunde des Todes den Körper ebenso genussvoll machen lassen und sich der letzten Welle hingeben? Und stellt man dann vielleicht fest, dass es ganz großartig ist, und einem das nur wieder niemand vorher gesagt hat? Wurden stattdessen wieder nur Ängste geschürt? – Wir werden sehen … und hoffentlich ist dann noch jemand da, der das alles so wahrnehmen kann. Doch wie dem auch sei: Ich wünsche euch in jedem Alter genussvolles Schwitzen aus den bestmöglichen Gründen!
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